vida-Grundsatzprogramm 2019 -2024
Im Rampenlicht unseres Gewerkschaftstages steht auch das neue vida-Grundsatzprogramm. Auf der Bühne diskutierten BetriebsrätInnen und ExpertInnen, auch Delegierte aus dem Publikum meldeten sich zu Wort.
vida im Wandel
Seit dem letzten Gewerkschaftstag hat sich die Welt radikal verändert. Neoliberale und nationalistische Kräfte sind im Vormarsch und Österreich hatte eine Regierung, die wenig Wert legte auf Sozialpartnerschaft und demokratischen Dialog.
Es ist an der Zeit, einen gewerkschaftlichen Gegenentwurf zu den altbackenen Ideen wie 12-Stunden-Arbeitstag, Privatisierungen und Atomisierung der Gesellschaft zu liefern. Als Gewerkschaft vida wollen wir uns diesem Trend mit mutigen und solidarischen Zukunftsentwürfen entgegenstellen. Wir wollen unsere Kompetenz in gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fragen einbringen und bisher ungenutzte Potenziale heben, indem wir den Menschen eine Stimme verleihen.
Als Lebensgewerkschaft reichen die von uns vertretenen Bereiche sprichwörtlich von der Wiege bis zur Bahre. Beschäftigte aus allen Bereichen der Daseinsvorsorge sind bei uns vertreten. Entsprechend umfassend sind auch unsere Forderungen und Ziele für die kommenden fünf Jahre. Wir sind überzeugt, dass der gesellschaftliche Reichtum, produziert von uns allen gemeinsam, ausreicht, um allen gleichermaßen ein gutes Leben zu ermöglichen.
Als Solidargemeinschaft haben wir genug für die Bedürfnisse von uns allen, aber nicht für die Gier der Wenigen!
aus dem vida-Grundsatzprogramm 2019
Gemeinsam mutig in die Zukunft
Mit dem neuen Grundsatzprogramm gehen wir mutig neue Wege, um gemeinsam neue Antworten auf neue Fragen der Arbeitswelt zu finden. Wir sind überzeugt davon, dass ein gutes Leben für alle möglich ist!
Entsprechend dem Motto des Gewerkschaftstages „Gemeinsam mutig in die Zukunft“ besteht das vida-Programm in seinen Grundzügen aus drei „Missionen“: „mutig + zukunftsorientiert“, „innovativ + solidarisch“ sowie „kompetent + zuverlässig“.
Mission Possible
1. „mutig und zukunftsorientiert“
Mission eins umfasst den Themenblock „Gewerkschaftspolitik“ und setzt sich mit den Schwerpunkten Kollektivvertragspolitik, Arbeitszeit sowie Steuern & Abgaben auseinander. „Wir sind mutig und gehen neue Wege, um als Gewerkschaft neue Antworten auf neue Fragen der Arbeitswelt zu geben“, heißt es dazu im Grundsatzprogramm. Die vida hat sich zum Ziel gesetzt, den gesellschaftlichen Wandel proaktiv mitzugestalten und arbeitet für eine erstrebenswerten Zukunft für alle Menschen in der Arbeitswelt.
1.700 Euro Mindestlohn für alle
Die vida bekräftigt ihre Forderungen nach 1.700 Euro Mindestlohn, einer 6. Urlaubswoche für alle sowie nach der Einführung einer progressiven Millionärssteuer zur Finanzierung von Gesundheit & Pflege. Beim Thema Arbeitszeit fordert die vida eine 32-Stunden-Woche mit der Option auf eine Vier-Tage-Woche. Die Lebensarbeitszeit soll maximal 40 Arbeitsjahre betragen.
Im Kapitel „Steuern & Abgaben“ spricht sich die Gewerkschaft u.a. für eine Anhebung der Körperschaftssteuer sowie Ökologisierung der Besteuerung von Verkehrsleistungen aus.
2. „innovativ und solidarisch“
Mission zwei setzt sich aus zwei großen Themenfeldern zusammen. Das erste lautet „Daseinsvorsorge“ mit den Unterkapiteln Versorgungsstandards und Betreuungsleistungen. „Wir organisieren Solidarität für alle gegen einen vermeintlich übermächtigen Gegner. Wir sind die Gewerkschaft der Arbeit – in allen ihren vielfältigen Formen“, heißt es dazu im vida-Grundsatzprogramm. Konkret bedeutet dies u.a., dass 24-Stunden-BetreuerInnen im Rahmen der „Schwestergewerkschaft“ vidaflex für Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) sowie insbesondere junge Menschen & prekäre Beschäftigte gezielt organisiert und vertreten werden sollen.
Daseinsvorsorge aus Steuern finanzieren
Was die Versorgungsstandards und Betreuungsleistungen betrifft, bekräftigt die vida, dass die Leistungserbringung weiterhin aus Steuern finanziert und durch die öffentliche Hand erbracht und festgelegt werden muss. Das betrifft den Ausbau der Ganztagsbetreuung genauso wie verpflichtende Qualitäts- und Sozialkriterien bei öffentlichen Vergaben.
Pflegeschlüssel für das Personal
Zu den Forderungen für die Verbesserung der Betreuungsleistungen im Bereich Gesundheit und Pflege fordert die vida einen bundeseinheitlichen Pflegeschlüssel (mehr Personal zur Entlastung der KollegInnen und für eine bessere Betreuung pflegebedürftiger und kranker Menschen), den flächendeckenden Ausbau der Betreuungseinrichtungen sowie stabile Dienstpläne und planbare Freizeit für die MitarbeiterInnen.
Menschen im Mittelpunkt
Das zweite große Themenfeld in Mission zwei mit dem Titel „Menschen“ setzt sich mit den Schwerpunkten „Vielfalt“, „Jugendarbeit“, „Gender Mainstreaming, Frauenpolitik“ und „Pensionen“ auseinander. Unter dem Begriff „Vielfalt“ geht es darum, die Barrierefreiheit weiter voranzubringen oder etwa Musterbetriebsvereinbarungen zum Thema Diversität zu erarbeiten. Daneben ortet die vida aber auch Bedarf an Seminare zum Thema Cybermobbing oder an weiteren Kooperationen mit NGOs wie zum Beispiel im Migrationsbereich.
850 Euro Mindestlehrlingsentschädigung
In der Jugendarbeit konzentriert sich die vida in den kommenden fünf Jahren auf Forderungen wie „Mindestlehrlingsentschädigung von 850 Euro im Monat für alle im ersten Lehrjahr“, die Gestaltung von Dienstplänen muss die Teilnahme an Ausbildungen wie Lehre mit Matura ermöglichen, aber auch Ausbildungsbetriebe sollen vermehrt von den zuständigen Behörden überprüft werden. An Berufsschulen sollen die Fächer „Politische Bildung“ & „Arbeitsrecht“ eingeführt werden.
Gender Mainstreaming
Im Bereich Gender Mainstreaming sollen als Maßnahme zum Schluss der Lohnschere zwischen den Geschlechtern Einkommensberichte ab 100 Beschäftigten für Betriebe Pflicht sowie Frauenförderpläne in Unternehmen mit „erzwingbaren Betriebsvereinbarungen“ durchgesetzt werden. Zudem verlangt die vida eine Sensibilisierung bezüglich Gender Medicine.
Pensionen: Pflegezeiten anrechnen
Hinsichtlich der Pensionspolitik plädiert die vida für eine verfassungsrechtliche Verankerung der Alterssicherung sowie für eine bessere Anrechnung von Kindererziehungs-, Präsenz- und Zivildienstzeiten sowie für Zeiten der Arbeitslosigkeit. Auch pflegende Angehörige müssen Pflegezeiten im Pensionskonto angerechnet bekommen.
3. „kompetent und zuverlässig“
Mission drei beschäftigt sich zuerst im Themenblock „Europa“ mit grenzüberschreitender Beschäftigung sowie mit den Auswirkungen von Wirtschaftsliberalisierungen und wie man dadurch bestehendes bzw. noch drohendes Lohn- und Sozialdumping verhindern kann wie etwa durch die Aufstockung von Kontrollorganen im Straßenverkehr (mehr LKW-Kontrollen) oder mit weitreichenden Befugnissen für eine Europäische Arbeitsbehörde. Missbrauchsfälle wie etwa Entsendungen bei grenzüberschreitender Beschäftigung müssen schonungslos aufgezeigt werden.
Vorrang für soziale Grundrechte
Soziale Grundrechte müssen in Europa Vorrang bekommen. Verwaltungsstrafen bei Lohn- und Sozialdumping müssen daher besser grenzüberschreitend durchgesetzt werden können. Daneben bedarf es auch einer Überarbeitung der Durchführung von Europäischen BürgerInnen-Initiativen. Diese müssen einfacher und unbürokratischer durchgeführt werden können. Die vida will auf grenzüberschreitend tätige Beschäftigte noch aktiver zugehen und auch das Lobbying für verpflichtende Qualitäts- und Sozialkriterien bei öffentlichen Auftragsvergaben intensivieren.
Mitgliederleistungen optimieren
Der dritte und letzte Teil des Grundsatzprogramms setzt sich mit der zukünftigen strategischen Ausrichtung der Gewerkschaft vida als politische Kraft in Österreich sowie mit der Optimierung der Ansprüche und Leistungen für ihre Mitglieder auseinander. So wird etwa eine gesetzliche Beschränkung von All-in-Verträgen, die Einrichtung eines Qualifizierungsfonds im Rahmen der Digitalisierung gefordert. Die vida will auch ihre Angebote für freie DienstnehmerInnen ausweiten. Zudem soll die Interaktion mit den Mitgliedern und potenziellen Mitgliedern durch eine verstärkte Vernetzung aus klassischen Medien mit Social Media intensiviert werden.
vida als politische Kraft
Als politische Kraft will sich die vida u.a. für mehr Mitbestimmung in den Betrieben als demokratischer Stützpfeiler, für nachhaltiges Wirtschaften aber auch für neue Wege in der Sozialpartnerschaft stark machen.